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Von starken Frauen und verfallenen Gutshäusern

Interview mit Nele Jacobsen zum neuen Roman „Der Rosengarten am Meer“, geführt von der Literaturagentin Dr. Dorothee Schmidt


Liebe Nele, Dein neues Buch spielt wieder an der Ostsee und handelt von Rosen. Diesmal erzählst Du aber auf zwei Ebenen und integrierst auf der historischen Ebene eine reale Persönlichkeit. Warum?
Seit ich sie in einem Rosenbuch entdeckt hatte, hat mich die Rosengräfin Marie Henriette Chotek so sehr fasziniert, dass ich unbedingt von ihr berichten wollte. Denn sie hat in einer Zeit, als Frauen noch keine Träume zu haben hatten, ihren Traum gelebt und gegen alle Widerstände ein riesiges Rosarium im Park ihres Schlosses in Böhmen (damals Österreich-Ungarn) erschaffen, das europaweit für Aufsehen gesorgt hat.

Die Rosengräfin Marie Henriette Chotek
Die Rosengräfin Marie Henriette Chotek. Foto: Nele Jacobsen

Hast Du Dir ihr Schloss und den Park bei der Recherche angeschaut?
Selbstverständlich. Am ersten Wochenende im Juni gibt es dort stets ein wunderschönes Rosenfest ihr zu Ehren mit Musik vom Männerchor des Ortes, Steaks und slowakischem Wein. Leider haben die zwei Kriege den Park komplett verändert, und man sieht heute nicht mehr viel von der Rosenpracht.

Schloss der Rosengräfin in Dolná Krupá, Slowakei
Schloss der Rosengräfin in Dolná Krupá, Slowakei. Foto: Nele Jacobsen

Es geht in Deinem neuen Roman also auch um die Tragik der Weltkriege?
Die Lebenszeit von Marie Henriette Chotek (1863-1946) macht diese Zeit der Umbrüche perfekt fühlbar. Im ersten Weltkrieg hat sie z.B. als Lazarettschwester gearbeitet wie adlige Frauen es damals als Ehrenpflicht verstanden. Neben diesen Prisen Zeitgeschichte kommt aber die Liebe in der Geschichte natürlich nicht zu kurz. Über Maries Privatleben weiß man zwar, dass sie - äußerst ungewöhnlich in dieser Zeit - nicht verheiratet war und keine Kinder hatte. Aber selbstverständlich hat sie im Buch einen tollen Mann an ihrer Seite, einen schmucken, modern denkenden Grafen. In den bin ich selbst ein wenig verliebt.

Und auf der heutigen Ebene - was umfasst die Geschichte da?
Da geht es um die Wiener Landschaftsarchitektin Isabel, die nach ihrer Scheidung einen Neuanfang sucht und den Auftrag annimmt, den Park eines Gutshauses an der Ostsee originalgetreu und denkmalgerecht zu rekonstruieren. In dem verfallenen Gutshaus wohnt eine Künstlerkommune, die das Haus mit einem B&B und einer Künstler-Stipendienprogramm wiederbeleben will.

Sehr viele Schlösser und Gutshäuser gerade in Mecklenburg-Vorpommern werden derzeit aufgekauft und in letzter Minute vor dem Verfall gerettet, da sie oft seit der Vertreibung 1945 leer standen.
Mecklenburg-Vorpommern hat eine wunderschöne Landschaft mit diesen vielen alten Häusern im Dornröschenschlaf. Man kann den Leuten, die es sich zur Lebensaufgabe machen, so ein Haus zu retten, nur dankbar sein. Es sind auch Adelsfamilien darunter, die nun zurückkehren und den Stammsitz wieder beleben wollen.

Sind denn auch wieder Rosenrezepte dabei?
Ein paar Schmankerl haben meine Lektorin und ich uns ausgedacht, damit es eine rundum gelungene Gefühls- und Geschmacksreise in die k.u.k-Zeit, an die heutige Ostseeküste und nach Wien wird, ein Stadt, die ich persönlich auch sehr liebe. Eine Reise, die hoffentlich entspannt und zugleich anregt, es der Rosengräfin gleich zu tun - und die eigenen Träume zu leben, statt sie nur zu träumen.

Hier geht es zum Buch „Der Rosengarten am Meer“!